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„Eine Frage des Vertrauens“: Ehemaliger Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio zu Gast im Rathaus
Mit dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio als Hauptredner hat die Stadt Oberhausen die Veranstaltungsreihe „Eine Frage des Vertrauens“ fortgesetzt. In Vertretung für Oberbürgermeister Daniel Schranz begrüßte Bürgermeister Manfred Flore am vergangenen Mittwoch, 9. Oktober, rund 75 Gäste im Ratssaal und auf der Besuchertribüne. Sie waren gekommen, um mit Di Fabio und dem Vertrauensforscher Prof. Dr. Martin K.W. Schweer über Fragen des Vertrauens in den Rechtsstaat nachzudenken und zu diskutieren – und das passenderweise im 75. Jubiläumsjahr des Grundgesetzes.
Bürgermeister Flore: Vertrauen in den Rechtsstaat eine wichtige Säule für die Demokratie
In seiner Begrüßung ging Bürgermeister Flore auf repräsentative Umfragen und das sinkende Vertrauen in die deutsche Gerichtsbarkeit ein und verband dies mit einem Appell: „Wir müssen genauer hinschauen: Denn das Vertrauen in unseren Rechtsstaat, in gerechte und gleiche Behandlung aller Bürgerinnen und Bürger, ist eine wichtige Säule des Vertrauens in die Demokratie.“
Di Fabio zur Lage der Demokratie in Deutschland
Udo di Fabio, von 1999 bis Dezember 2011 Richter am Bundesverfassungsgericht und heute Professor an der Universität Bonn sowie Gründungsdirektor des Forschungskollegs normative Gesellschaftsgrundlagen, blickte in seiner Rede zunächst auf die Entstehung unserer Verfassung und beleuchtete die Beweggründe der „Mütter und Väter des Grundgesetzes“ anhand der konkreten Ausgestaltung, die in weiten Teilen auch noch heute Bestand hat. Er referierte über den demokratischen Grundgedanken des Grundgesetzes und über die Willensbildung von unten nach oben. Di Fabio zeigte sich überzeugt: „Die repräsentative Demokratie ist ein überlegendes Modell. Sie lebt und nährt sich aber vor allem von vertrauenswürdigen Entscheidungsträgern, die existentiell für den Rückhalt dieser Staatsform sind“.
In seiner fast einstündigen Rede überzeugte der renommierte Jurist aus Duisburg-Walsum mit einem umfassenden und abwägenden Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Jahre und auf aktuelle Herausforderungen – vom Umgang mit TikTok bis hin zu der Frage eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens.
Prof. Schweer moderierte erneut den Abend
In einem einführenden Vortrag gab der Leiter des Zentrums für Vertrauensforschung an der Universität Vechta Prof. Dr. Martin Schweer einen Einblick in aktuelle Befunde dazu, wie Demokratie und Rechtsstaat von der Bevölkerung bewertet werden. Aus psychologischer Perspektive sprach er über Vertrauen, das in unsicheren Zeiten Sicherheit spendet – eben auch in den Staat. „Damit unsere Demokratie stabil bleibt, ist Vertrauen unerlässlich. Vertrauen ist jedoch kein Selbstläufer, sondern erfordert von allen Beteiligten das stetige und authentische Bemühen um einen offenen Austausch“, so Schweer.
„Eine Frage des Vertrauens“ – die Veranstaltungsreihe der Stadt Oberhausen wird in Kooperation mit Prof. Dr. Martin Schweer im Frühjahr 2025 fortgesetzt.